Leidenschaft, Feuer, rhythmisches Stiefelgeklapper,
Tänzerinnen mit einer Rose im schwarzen Haar – diesem typischen Bild vom
Flamenco kann sich wohl niemand entziehen. Alejandra Mott, von Geburt
Halb-Spanierin, unterrichtet schon seit 26 Jahren diesen
temperamentvollen Tanz und leitet jetzt verschiedene Kurse in der
Tanzschule des Kulturzentrums Tempel. Den einen Flamenco gibt es nach Alejandra so nicht.
„Flamenco ist der Oberbegriff von verschiedenen Tänzen, Rhythmus-Stilen
und Tanzrichtungen.“ Die folkloristische Illusion vom Flamenco als
simpler Ausdruck überschäumender spanischer Energie
kennt die Tanzlehrerin nur zu
gut: „Flamenco wird oft
unterschätzt bzw. falsch eingeschätzt.“ Rhythmisches Schwingen der
Rockschöße und energisches Aufstampfen seien nicht das, was diesen Tanz
ausmache. „Die wenigsten wissen, dass wir ganz komplexe Rhythmuszirkel
haben“, so Alejandra. „Man muss sehr viel Taktgefühl haben. Man muss
sich mit dem Gegentakt anfreunden, das verlangt sehr viel Zeit und
Engagement“.
Der Tanz hat sehr viel Dynamik, wirkt schwerelos
und harmonisch. Der Bewegungsablauf sieht für einen unabhängigen
Betrachter so kompliziert aus, dass es scheint, man müsse dafür geboren
sein. Es ist tatsächlich schwer zu glauben, dass man Flamenco auch ohne
südländisches Temperament erlernen kann.
Alejandras Meinung dazu ist eindeutig: „man braucht vor allem
einen guten Lehrer, der einem eine Basis vermittelt, der eine gute
Rhythmuslehre weitergeben kann“.
Gewisse Einschränkungen sieht aber auch die erfahrene Lehrerin:
„man braucht vielleicht eine gewisse Harmonie in den Körperbewegungen“.
Für Grobmotoriker also eher ungeeignet? Alejandra
sieht das anders: „Wenn der Lehrer gut ist, kann der wahre Wunder
bewirken… bis zu einem gewissen Punkt natürlich“. Wenn sie ihre Tanzschüler an Flamenco heranführt,
ermöglicht ihr die Vielfalt des Tanzes ein nach Schwierigkeit
gestaffeltes Programm: „man startet mit einem leichten 4er
Rhythmuszirkel, da gibt es dann verschiedene Tanzarten“. „Später geht
man dann auf einen 12er Rhythmuszirkel mit unterschiedlicher
Akzentuierung“. Die Verbindung von Bewegung und Musik ist der
Tanzlehrerin sehr wichtig: „man lernt bei mir in der Schule auf die
Musik einzugehen, das bedeutet wir haben Live-Gitarre und Live-Gesang.
Der Gitarrist ist derjenige, der das Gerüst aufbaut. Er gibt uns den
Takt und die Sicherheit“. Nicht alles ist vorgegeben beim Flamenco, er bietet
auch Raum für Improvisation. Aber: „Improvisieren
kann man erst dann, wenn man die Struktur des Flamencos kennt“. Für
Alejandra selbst ist das natürlich kein Problem, Tanzen ist für sie auch
und vor allem künstlerischer Ausdruck ihrer Stimmung und
Lebenseinstellung. Öffentliche Auftritte meidet die Halb-Spanierin
allerdings eher: „Ich selber sehe mich eher als Lehrer denn als Tänzer“.
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