Deutscher
HipHop entwickelte sich seit Anfang der 90er Jahre, wenn auch noch mehr im
Untergrund. Zu der Zeit wurde Stuttgart zur HipHop-Hauptstadt ernannt, der
„Mutterstadt“. Die Fantastischen Vier, Max Herre und sein Freundeskreis sowie
die Massiven Töne machten sich einen Namen.
Eben zwei Mitglieder der
Letztgenannten gründeten 1996 die HipHop-Partyeihe „O711 Club“. Was für heutige
Verhältnisse nicht gerade spektakulär klingt, war für die damalige Zeit ganz
schön gewagt. Dementsprechend überschaubar waren anfangs auch die Besucher. 2000
kam der Durchbruch mit dem ersten HipHop Open. Die Partyveranstalter gingen noch
einen Schritt weiter und buchten einen DJ aus Amerika (damals keine
Selbstverständlichkeit!). Der legendäre Ruf des 0711 Clubs war begründet.
Wir wollten nicht immer nach Stuttgart fahren
Auch der heute 33-jährige Partyveranstalter Michael Brähne
fuhr mit Freunden regelmäßig nach Stuttgart, da es in seiner Region nichts wie
den 0711 Club gab. „Wir wollten so etwas auch immer in Heilbronn haben und nicht
immer nach Stuttgart fahren müssen.“ Deshalb begann er ab 1999 damit, Konzerte,
HipHop-Jams und kleine Festivals zu veranstalten. Bis hin zur eigenen Partyreihe
ab 2002. Obwohl in Stuttgart zu dieser Zeit der Hype langsam zurückging, lief
die „Wortsport Lounge“ gut an und wurde nach zwei Jahren um einen weiteren Floor
erweitert. Zur kleinen Underground-HipHop-Party gesellte sich nun ein
Reggae/Dancehall Soundsystem, das bis heute ein fester Bestandteil ist. „Am
Anfang war er noch in einem kleinen Zelt im Außenbereich, heute spielt es sich
hauptsächlich auf dem Mainfloor ab und der HipHop-Floor ist eher der kleinere.
Aber das ist einfach so eine Entwicklung, die durch die Zeit kam.“
Das Publikum ist
heute nicht mehr so festgelegt
Ja, HipHop
hatte wirklich einen kleinen Durchhänger. Er soll zwischenzeitlich sogar tot
gewesen sein. Eine wirklich beunruhigende Nachricht für Fans und für
Partyveranstalter. Auch Michael hat innerhalb der 10 Jahre Wortsport Lounge eine
Entwicklung miterlebt. „Als wir das gestartet haben, war Deutsch-Rap auf seinem
Hochpunkt. Da gab es ganz viele Leute, die auf so eine Veranstaltung gewartet
haben und es war überhaupt kein Problem, die Veranstaltung mit einem rein HipHop
interessierten Publikum vollzubekommen.“ Das ist inzwischen anders, da die Gäste
nicht mehr nur auf eine Musikrichtung festgelegt seien. Mit einem reinen
HipHop-Sound bekäme man die Veranstaltung nicht mehr voll, so der
Partyveranstalter. Deshalb ist es wichtig, sich auf dem Laufenden zu halten und
zu wissen, was beim Publikum, das HipHop hört, sonst noch angesagt ist. Da geht
es bei den Bookings auch mal mehr in Richtung Elektro. Das ist für Michael auch
vollkommen in Ordnung: „Ich bin jetzt kein HipHop-wertkonservativer Mensch. Da
gehe ich auf jeden Fall weiter.“
Das ist
vielleicht auch das Opfer, das man für den Erfolg eingehen muss. Szenen und
Trends sind ständigen Veränderungen ausgesetzt. In Zeiten von Internet und
Social Media noch schneller, also noch vor 30 Jahren.
Entweder
fährt man stur seine Spur weiter und kommt in eine Sackgasse oder man lässt sich
auf Trends ein. Dass es so funktionieren kann, zeigt die lange Erfolgsgeschichte
von Wortsport Lounge. Kein Alltag in der Branche: „Dass es eine monatliche
Veranstaltungsreihe gibt, unter gleichem Namen und mit mehr oder weniger
derselben Musik, ist eine ziemlich große Ausnahme in Deutschland. Das bestätigen
mir immer wieder Leute aus anderen großen Städten.“ Die Veränderungen in der
Szene und somit auch bei seinen Gästen beurteilt Michael deshalb recht
reflektiert: „Auch wenn der Spirit der Anfangszeit nicht mehr da ist, hat sich
das für mich auf keinen Fall zum Schlechten geändert. Im Gegenteil: Es ist
größer und populärer geworden. Ich finde das eine schöne Anerkennung für etwas,
was man so lange macht und sich trotzdem irgendwo treu geblieben ist.“