Karlsruhe, Weststadt. Es
ist Donnerstagnachmittag, meine Kamerafrau und ich befinden uns vom
Regen durchnässt mitten in einem Industriegebiet. Nach leichten
Orientierungsschwierigkeiten und einer (unfreiwilligen) Rundtour
durch diese Gegend voller Graustufen haben wir gerade erfolgreich
unser Ziel gefunden: Den Proberaum einer Band, die wir filmen
wollen. Von den drei Jungs
der Band ist trotz unserer Verspätung nur einer da, Philipp. Er
zeigt uns den Proberaum im Keller der Fabrik. Leere Bierdosen im
Regal, Instrumente, Kabelgewirr. Der kleine Raum hat eindeutig einen
gewissen Charme. Helle Strahler und eine Lichterkette sind an den
Heizungsrohren befestigt, sie machen den Mangel an Tageslicht wieder
wett. Sogar einen Uralt-Aufzug mit offenen Wänden gibt es. Wir
beschließen, die Ankunft der Bandmitglieder darin zu drehen. Eine halbe Stunde
später. Die Kameras stehen vor den Aufzugtüren, die mittlerweile
vollständige Band fährt ungefähr zum zehnten Mal hoch und runter und
macht Lärm im offenen Aufzugschacht wie eine Horde Kinder ohne
Aufsicht. Wie passend, dass sie sich MO.ODY nennen – abgeleitet vom
Englischen „moody“ für „launisch“. Und die zwei O’s mit dem Punkt in
der Mitte sind ein Smiley.
Auch ihre Musik beschreibt der Name gut. Im Proberaum gibt
es zwar noch kleinere Startschwierigkeiten (Der Gitarrist ist ohne
Gitarre gekommen, weil er nicht so viel tragen konnte. Außerdem
stürzt das Notebook ab, über das die Beats abgespielt werden), doch
dann zeigen die Jungs, was sie auf dem Kasten haben.
Elektronische Beats
erfüllen den Raum, mal schneller, mal ruhiger. Sie lassen die Köpfe
der Anwesenden mitwippen, die Beine zucken. Musik aus diesem Genre
kenne ich vor allem von nächtlichen Diskobesuchen. Das Besondere an
MO.ODY ist: Sie stellen nicht wie ein Durchschnitts-DJ ein Set hin
und drücken auf Play, sondern produzieren im Grunde alles Live. Philipp ist ihr
Drummer, er ist erst seit dem letzten Gig dabei. Leo stellt ihn vor
als „ein Live-Drummer, der auch gut aussieht“, Mark ergänzt, dass er
auch gut Schlagzeug spiele. Und sich manchmal langweile, weil sie
ihm so primitive Sachen zum Spielen geben würden. Mark ist mit 22
Jahren der Jüngste in der Kombo (was man ihm dank eines stattlichen
Vollbartes nicht ansieht). Er ist für alles mit Tasten
verantwortlich, was man Live so braucht. Außerdem erfahre ich, dass
er aus Ungarn kommt und Maschinenbau studiert. Leo produziert
hauptsächlich „mit unzähligen Effekten und einem gigantischen,
ausgeklügelten Soundboard“ (Kommentar von Mark). Live spielt Leo
aber auch Gitarre. Er und Philipp studieren Musikinformatik,
allerdings in verschiedenen Semestern. Interessanterweise
kommen alle drei eigentlich aus einer anderen musikalischen Ecke,
teils aus dem klassischen, teils aus dem Pop-Rock-Bereich. Trotzdem
haben sie sich entschlossen, zusammen elektronische Musik zu machen,
wie Philipp erzählt. Der Grund: Sie wollen die Leute zum Tanzen
bringen und die Publikumsstarre durchbrechen, die oft auf normalen
Konzerten herrsche. Es funktioniere.
Zwar brauche bei Gigs das Publikum einige Minuten, um sich
aufzuwärmen, gehe dann aber gut ab, erzählt Leo. Ich kann mir das
bestens vorstellen, denn die Musik hat wirklich etwas Besonderes.
Man merkt, wie die drei in ihr Spiel vertieft sind. Mark blickt
hochkonzentriert, während er auf den Tasten seines kleinen E-Pianos
improvisiert. Die Klänge schweben im Raum und ich fühle die
Vibrationen der Bässe an meinen Fingerspitzen, während ich filme. Eigentlich möchte
ich jetzt viel lieber tanzen. Der nächste Gig ist
am 15. Februar in Konstanz und soll eine Mischung aus Ausstellung
und Konzert werden. Was genau damit
gemeint ist, werde ich selbst herausfinden - diesmal ohne Kamera.
Weitere Infos auf der
Facebook-Seite von MO.ODY sowie ihrer Soundcloudseite. |